Galopper des Jahrhunderts

ein Kandidat der Turfkönig-Wahl zum Galopper des Jahrhunderts

vorgestellt von Silvia Wächter

gez. 1970 v. Appiani II - Sterna v. Neckar
Züchter: Gestüt Röttgen (IRE)
Besitzer: Stall Moritzberg
Trainer: Theo Grieper

Arc-Wochenende in Paris - wir schreiben den 5. Oktober 1975. Von den heutigen Errungenschaften der modernen Kommunikation via Handy, Telefax, Internet sind wir noch Jahre entfernt, da sickert plötzlich ganz leise eine unglaubliche Nachricht in die Turfwelt hinein. Der deutsche fünfjährige Hengst Star Appeal soll den Prix de l´Arc de Triomphe gewonnen haben?! Die erste Reaktionen waren ungläubig und mochten so gewesen sein: „Haben wir den 1. April oder was?!“, „Nette Ente...!“, "... Ach, hör doch auf!“, „Verbreite hier keine wilden Gerüchte!“

Aber die Nachricht war echt, der in Deutschland nur eingefleischten Turffans bekannte, unscheinbare Star Appeal hatte mit Greville Starkey im Sattel als größter Außenseiter aller Zeiten (1197:10) das Monstre-Rennen gewonnen. Die Sensation war perfekt, die Franzosen erschüttert, die Engländer schockiert und die Deutschen fingen an zu jubeln! Der erste und bis zum heutigen Tage einzige Sieg für Deutschland im schwersten Rennen der Welt war seinerzeit sogar in den Nachrichten von ARD und ZDF zu sehen! Die Medien überschlugen sich...

Wer war aber Star Appeal, der kleine Große? Geboren und aufgewachsen ist er in der irischen Abteilung des Gestüts Röttgen, Baronrath. Als der Ernst des Lebens begann, rückte der Hengst bei dem bekannten Trainer Oxx in Irland in den Stall ein, bei dem er einige Rennen gewann, für ihn startete er auch im Irischen Derby - hier sprang aber nur der siebte Platz heraus.

Röttgen holte den Hengst 1973 zum Herbstmeeting nach Baden-Baden, man wollte sehen, was der Braune kann und nannte ihn für den Großen Preis der Stadt Baden-Baden. Zur großen Verwunderung seiner irischen Umgebung verkaufte Röttgen Star Appeal ein paar Tage vor dem Rennen für 60.000 DM an den Stahlkaufmann Waldemar Zeitelhack, den Eigentümer des Stalles Moritzberg. Wäre Star Appeal in Irland auf den Markt gekommen, hätte es für Röttgen leicht das Dreifache geben können - hier war der Hengst viel bekannter. Star Appeal gewann das Rennen, noch für Röttgen, im Canter mit sechs Längen.

Trainer Oxx hatte Star Appeal vor dem Verkauf noch für das irische St. Leger gemeldet und fragte Theo Grieper, ob er den Hengst noch einmal mit nach Irland nehmen könne. Theo Grieper dachte sich wohl: „Wenn so ein erfahrener Trainer dem Hengst eine Chance einräumt, dann sollte er auch laufen.“ Star Appeal beendete das Rennen als beachtlicher Dritter. In diesem Jahr lief er noch im Arc und wurde Zehnter. Als Star Appeal nach Deutschland zurückkehrte, wurde er zum Trainer Pohlkötter überstellt, denn Theo Grieper war ja der Privattrainer Röttgens.

Zweimal lief Star Appeal 1974 unter der Regie von Pohlkötter in Nizza und belegte einen dritten und einen vierten Platz, wurde Zweiter in einem Gruppe-II-Rennen in Gelsenkirchen und im Preis der Badischen Wirtschaft, im Juni gewann er den Concentra-Pokal in Frankfurt, wurde im September in München noch einmal Zweiter und im Oktober in den Champion-Stakes Vierter.

Im darauffolgenden Jahr pachtete Waldemar Zeitelhack für 3 Jahre den Röttgener Rennstall, und mit den 15 Pferden Zeitelhacks übersiedelte auch Star Appeal zu Theo Grieper, der dessen Training umstellte. Mit Erfolg, der Moritzberger siegte in den Europa-Gruppe-I-Rennen Gran Premio di Milano und den Eclipse Stakes. Das hatte die Turfwelt aufhorchen lassen. Aber einen Sieg im Arc oder auch ein gutes Abschneiden traute man ihm nicht zu. Aber der Trainer hoffte bei einem normalen Rennverlauf und nicht so starken Dreijährigen auf ein Abschneiden weit vorne und war guten Mutes.

Jockey Starkey bekam die Order, nicht gleich mitzugehen, sondern hinten zu bleiben und zu warten, denn der Schlußbogen in Longchamp hat es in sich. Erst durch den Bogen und dann noch ein Stück weiter, dann kannste rennen. Dann ist man zumindest an den Geschlagenen schon ein wenig vorbei - und aufpassen, die Gerade ist elendig lang...

Starkey war ein Fuchs und setzte die Order ganz cool um. Obwohl mit der Startnummer 3 nicht gerade glücklich, blieb er hinten und wartete stur ab. Anfang der letzten Geraden war er Drittletzter, arbeitete sich vor und lag nun mitten drin, keiner hätte auf die beiden zu diesem Zeitpunkt noch einen Pfifferling gegeben. Wo war Platz, wo konnte er durchschlupfen? Da eine Lücke, durch, links herum, rechts da, noch eine Lücke - es war ein Kreuz-und-Quer-Kurvenritt, aber er kam mit Star Appeal durch und schlug On My Way glatt mit drei Längen.

Selbstverständlich wurde Star Appeal 1975 zum Galopper des Jahres gewählt. Für Röttgen hatte sich der vermeintlich gute Verkauf als fatal erwiesen, denn Ruhm und Ehre heftet man sich ja bekanntlich am liebsten selbst an die Fahne. Bleibt allerdings zu bezweifeln, ob Röttgen den Schritt in die Höhle des Löwen gewagt hätte. Star Appeal gelangen bei 39 Starts 11 Siege.

Star Appeal wurde im englischen Nationalgestüt als Beschäler aufgestellt, blieb aber Zeit seines Lebens im Besitz von Waldemar Zeitelhack, er gab seinen Star nicht mehr her... Zu seinen besten Söhnen gehört Kamiros, der Gewinner im Preis von Europa 1987. Vor ein paar Jahren trat Star Appeal ab - der einzige deutsche Arc-Gewinner! Ein Nachfolger wird gesucht...

alle Kandidaten auf einen Blick

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